FHWN sorgt für Orientierung im Gütezeichen-Dschungel
Mittlerweile existieren mehr als 230 öffentliche und private Gütezeichen in der EU, die auf die Beachtung bestimmter Richtlinien wie Nachhaltigkeit, Tierwohl und faire Produktion hinweisen. Leider unterscheiden sich diese in puncto objektiver Kriterien und Aussagekraft deutlich voneinander und sorgen daher oftmals nicht für Vertrauen, sondern Verwirrung. Das Institut für Nachhaltigkeit der Fachhochschule Wiener Neustadt war an der Überarbeitung des „Label-Kompass“ beteiligt, der mehr Licht in den Gütesiegel-Dschungel bringen soll.
Mit dem steigenden Bewusstsein des eigenen ökologischen Fußabdrucks explodierte auch die Zahl umweltbezogener Aussagen auf Produkten. Das fällt besonders in Drogeriemärkten auf, wo heutzutage kaum ein Kosmetik-, Hygiene- oder Reinigungsartikel ohne den Hinweis auf angeblich ökologische Vorzüge auskommt. Aktuell tragen rund 75 Prozent aller Waren auf dem EU-Markt ein Gütezeichen. Mehr als die Hälfte dieser Öko-Versprechen stellten sich als „vage, irreführend oder unbegründet“ heraus. 40 Prozent waren sogar „völlig unbegründet“, ergab eine Studie im Auftrag der EU-Kommission.
Nachhaltigkeit sollte selbstverständlich sein
„Die Einhaltung ethischer und ökologischer Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Produkten sollte eigentlich selbstverständlich sein. In der Praxis sieht das aber anders aus. Daher haben sich Gütezeichen etabliert, die Transparenz fördern und Verbraucher*innen bewussten Konsum erleichtern sollen. Aufgrund dieses Label-Wildwuchses wird es für Konsument*innen aber zunehmend schwieriger, vertrauenswürdige Gütezeichen von unseriösen Kennzeichnungen, Eigenmarken und Greenwashing zu unterscheiden“, erklärt Henriette Gupfinger, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Nachhaltigkeit der Fachhochschule Wiener Neustadt am Campus Wieselburg.
Gemeinsam mit ihrem Team überabeitete die Wissenschaftlerin die Beschreibungen der Gütezeichen und ordnete diesen bestimmte Qualitätskriterien zu. Im Fokus der Analyse steht dabei aber nicht das Produkt selbst, sondern das Zertifizierungssystem des Labels. Demnach erhalten Labels, die über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus gehen, Vergabekriterien regelmäßig überarbeiten und Zertifizierungen erst nach Kontrolle verleihen, beispielsweise das Prädikat „anspruchsvoll“. Als „unabhängig“ gelten jene Gütesiegel, die u.a. eine unabhängige und kompetente Entwicklung der Vergabekriterien vorweisen können. Labels, die regelmäßige und umfassende Kontrollen der Vergabekriterien und eine Überprüfung dieser durch Dritte vorweisen können, gelten als „kontrolliert“.
"Green Claims" häufig nur heiße Luft
Green Claims, also umweltbezogene Aussagen von Unternehmen über ihre Produkte oder Dienstleistungen, sind heutzutage allgegenwärtig. Wenn diese Aussagen unwahr sind oder sich nicht überprüfen lassen, wird diese Praxis auch als „Grünfärberei“ (greenwashing) bezeichnet und stellt keine Seltenheit dar. So enthalten rund 53 Prozent der Umweltaussagen über Produkte und Dienstleistungen vage, irreführende oder unfundierte Informationen. Zudem lassen sich bei 40 Prozent der Gütesiegel die Behauptung, bestimmte Richtlinien einzuhalten, nicht belegen.
„Das sorgt für Misstrauen bei den Verbraucher*innen. Mit dem Label-Kompass auf "Bewusst Kaufen - klimafreundlich leben" bringen wir mehr Licht in den Gütezeichen-Dschungel. Aktuell sind darin über 170 Gütezeichen erfasst - der Label-Kompass wurde außerdem erst kürzlich überarbeitet und bietet nun noch mehr Hintergrundinfos und Transparenz in Bezug auf die zugrunde liegenden Qualitätskriterien. So bieten wir den österreichischen Konsument*innen rasche Orientierung und Hilfestellung für einen nachhaltigen Einkauf“, so Gupfinger.
Orientierungshilfe im Alltag
Der Label-Kompass legt dabei Fokus auf Produkte, die im heimischen Handel verfügbar sind und Konsument:innen im Alltag begegnen. Dazu zählen Waren im Lebensmitteleinzelhandel, in Drogerien und im Textilhandel. Auch Produkte in Einrichtungshäusern und Baumärkten sowie im Spielwaren-, Schul- und Bürobedarfshandel und im Elektronikhandel werden dort aufgeführt. Außerdem können auch Produkte, die sich mit Umwelthemen, Sozialthemen oder weiteren beschäftigen oder dies aufgrund ihrer Wort-Bild-Marken oder ihrer Claims suggerieren, in den Label-Kompass aufgenommen werden.
Das Projekt Label-Kompass auf "Bewusst Kaufen - klimafreundlich leben" wird im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) in Kooperation mit „tatwort“ Nachhaltige Projekte GmbH und dem Institut für Nachhaltigkeit der Fachhochschule Wiener Neustadt durchgeführt.
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.fhwn.ac.at/hochsch...
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